2/02/2011

Der alltägliche Wahnsinn von Frauen und Kosmetik…

                Wenn ich in dieser Anekdote von "früher" spreche, dann meine ich nicht die goldenen Zwanziger oder die hippen Sechziger; nein ich meine die gar nicht so weit entfernten Neunziger. Also ein "früher " das ich aktiv miterlebt habe und an das ich auch noch eine gute Erinnerung habe. Wir, die früher Teenager waren, gehören zu der Genration, die alles hatte. Wirklich alles! Egal was es ist, wir hatten zu allem eine oder mehr Alternativen. Ost oder West, Hamburg oder Berlin, viele leider auch Mama oder Papa, Burger King oder McDonalds, Grunge oder Techno, Zicke oder Biest (schreckliche T-Shirts), Buffalos oder Docs, Gymnasium oder Realschule, Studium oder Ausbildung, Fußball oder Reiten, TKKG oder ???. Ich könnte endlos so weitermachen… Doch auch in der Kosmetik hatten wir Mädchen eine riesen Auswahl an Produkten, die uns unsere Teenagerjahre verschönern sollten. Ob ich an meine Haut nur Wasser und CD ran lasse oder ob ich die französische Form von Baby bevorzuge, alle Produkte passen perfekt zu mir und meiner Haut oder meinem Stil oder meiner politischen Gesinnung. Wir hatten, wie bei allem anderen auch, die Wahl meist aber noch ohne Qual…
                Und ganz plötzlich befinden wir uns im Jahr 2011 und sind in allen Bereichen mit einem Überangebot konfrontiert, das beim genauen Hingucken so seine Rätsel aufgibt. In der so eben erwähnten früheren Zeit hatte mein Vater so viel Geld, dass er sich für ca. 5 DM das Perl Weiß Raucherzahnweiß gekauft hat. DIE Innovation unter den Zahncremes. Heute sind unsere Weißmacher mega weiß; sie machen now, also sofort, weiß; sie haben den zwei; drei oder auch n D Effekt oder die ganz verrückten putzen nicht runter, sondern drauf. Aha… Und auch das Werkzeug für die Creme besticht durch innovative Technik und so allerlei Chi Chi. Ein Zungenputzer, die Borste, die wie Zahnseide sind und die bewährte Dr. … Federung. Alles ZWINGEND notwendig. Nun hab ich mir aber nach dem Aufstehen grad mal die Zähne geputzt und musste mich schon zwischen 1000 gefühlten Optionen entscheiden. Motiviert für den Tag geht’s dann unter die Dusche. Nun die schwere  Entscheidung: nehm ich das Duschöl, die Duschcreme, das Duschpeeling, das Duschgel mit dem ‚Hallo-wach-Effekt‘ oder doch die limitierte Edition mit Gelee Royal und Feigenjoghurt?! Was war denn noch gleich mit Milch und Honig? Ach ja, das war ja in den Neunzigern. Also, weiter unter Dusche mit den Haaren. Da ich mit meinen Locken etwas eingeschränkt bin, fällt mir die Wahl relativ leicht. Erst mit dem Lockenshampoo waschen, dann den Conditioner rein, ausspülen und dann die Kur für trockenes und strapaziertes Haar einwirken lassen. Ist doch sehr unspektakulär und erinnert mich an die Duschzeit bei meinen Eltern. Während dir Kur einwirkt mach ich schnell ein Peeling für meine Mischhaut und erschrecke mich halb zu Tode, als ich feststelle, dass ich mein Gesichtspeeling mit meinem Fußpeeling verwechselt habe. Oh je… Das kann ja was werden. Also schnell das Gesicht mit antibakteriellem Waschgel waschen und dann die Maske mit Kaviar und Gold einwirken lassen. Mit straffer Haut und glänzenden Locken trete ich aus der Dusche hinein in die nächste Entscheidung. Welche Creme braucht denn mein Körper heute. Ist es die reichhaltige Pflegelotion mit Ahornblättern und Nachtkerzenöl, oder das erfrischende kühle Bodytonic mit Zitronengras und Minze und dem Koffein-Kick, oder doch die Creme für sehr trockene Haut mit min. 5 % Urea (hat das was mit Pipi zu tun???)? Schwere Entscheidungen werden täglich noch vor dem ersten Pad-, Kapsel- oder Soja-Latte-Kaffee getroffen und die Frau von heute muss sich jede gut überlegen.
                So, nun stehen wir eingecremt und mit frisch gewaschenen Haaren und frisch geputzten Zähnen in unserem Bad und überlegen schon, wie es weitergehen soll. Klar, jetzt sind die Haare dran. Während in den bereits erwähnten Neunzigern noch ein Schaum bei allen Wetterlagen hielt, müssen wir uns heute überlegen, ob wir Anti-Frizz-Foam, Glättungsserum, mega-Volumen-Mousse oder doch das Wet-Look-Gel nehmen wollen und wie diese Entscheidung unseren weiteren Tagesablauf beeinflusst. Bevor ich dann aber doch für den Lockenschaum entschieden habe, sprühe ich noch schnell das leichter-zu-kämmen-Spray mit Zaubernuss in mein feuchtes Haar und widme mich dann schon meinem Gesicht. Nach gründlicher Reinigung, Peeling, Maske und zartem trocken Tupfen kann unsere Haut nun jede Creme der Welt aufnehmen. Doch welche passt zu unserem Tag? Die Sonnengesichtscreme mit hohem UV-Schutz, oder die getönte Tagescreme mit Bronzeeffekt, oder die mattierende Tagescreme mit Lichtschutzfaktor oder doch die selbstbräunende Urlaubscreme für einen von-der-Sonne-geküssten Teint? Brauche ich heute was gegen Falten, etwas für die Haut ab 20, etwas gegen Pickel oder doch 100 % pures Aloe Vera Gel? Auch diese Entscheidung wird noch vor dem ersten Kaffee getroffen und ich gehe vom Bad in mein Ankleide- und Schminkzimmer. Dort wartet die nächste Wahl auf uns und stellt uns vor wirklich große Herausforderungen: das typgerechte Tages-Make-up! Mist, noch mal schnell zurück ins Bad und Deo benutzen. Auch hier wieder die Frage: für glatte Achseln, ohne weiße Rückstände, für extra sensitive Haut, für den ultra-dry Effekt oder doch die 48 Std Trockengarantie?! Hm, in den Neunzigern hatte der Tag nur 24 Std…
                Zurück zum Make-up. Ein dezentes Tages-Make-up im Nude-Look soll quasi ungeschminkt aussehen und dauert fast so lange, wie ein aufwendiges Abend-Make-up. Zuerst trage ich also eine grünliche Make-up-Base auf, damit das anschließend aufgepinselte „24 Std all matt“ Make-up noch länger hält. Dann schnell mit Concealer alle Unebenheiten abgedeckt und mit dem getönten Coffeein-Roll-on noch schnell die Augenringe abdecken. Dann wird mit dem Mosaikpuder das Make-up noch mal fixiert und auch alle Unebenheiten sind jetzt fast abgedeckt. Den Rest erledigt dann der lose Transparentpuder. Anschließend verleiht  der Bronzepuder dann auch im Winter ein Gefühl von Urlaub und der schimmernden Pigmentpuder um unsere Augen öffnen zusammen mit dem cremefarbenen Kajal den Blick. Nun noch mit Kompaktpuder abrunden und weiter geht’s mit den Augenbrauen. Ganz wichtig: nicht zu schmal und nicht zu gezupft. Und auf gar keinen Fall abrasiert und tätowiert. Das sieht auch bei einer mallorkinischen Katze in Frauengestalt (oder umgekehrt) einfach nur besch*ssen auch. Also die perfekt natürlich gezupften, geschnittenen und gewachsten Brauen mit einem Augenbrauenpuder auffüllen und mit dem Augenbrauenformergel in Form bringen. Ganz einfach. Nun folg der weiche, schwarze Kajal ganz dezent am unteren Wimpernkranz und die High-Heel-mega-false-lashes-Mascara für ca. € 30 auf die Wimpern. Zack, geht doch ganz schnell. Nun noch dezente Apfelbäckchen mit dem Rouge aufpudern, cremen oder lackieren und fertig ist der perfekte Nude-Look. Nach ca. 30 min schminken sagt mein Mann: „Musst du dich denn nicht noch fertig machen?“ Nein, muss ich nicht…
                Mist, muss ich doch. Mein Nagellack blättern ein wenig von meinen perfekt gegelten Nägeln im natürlichen Look und muss also noch erneuert werden. Kein Problem, denn der Trendton schlecht hin steht voller Stolz in meinen Kühlschrank. Nach acht Wochen, fünf Wartelisten und etlichen Verzweiflungskäufen habe ich nun den Chanel Nagellack mit der magischen Nummer 505. Noch schnell die Nägel ausbessern und von meinem Mann hören: „Oh, deine Nägel sind ja braun. Ich denk, du magst kein braun!“ Braun?? Hallo? Das ist ein Grau-Braun mit leichtem Lila-Touch. Die im Laufe des Tages ehrfürchtig geflüsterte Bemerkung einer Kollegin versöhnt mich dann wieder mit Coco’s neuer Lieblingsfarbe. Ja, es ist DER Nagellack… Und dann soll noch mal einer sagen, € 22 wären zu viel für einen Nagellack! Pff…
                So, nun sind wir perfekt gestylt und geschminkt um uns in den Arbeitstag zu stürzen, als uns plötzlich auffällt, dass ja heute Sonntag ist. Mist, ich hatte doch extra dafür eine App auf meinem i-Phone! Und auch bei Facebook hat mich niemand daran erinnert, dass ich heute frei habe. Aber das ist wohl ein anderes Thema…
                Dann geht’s also zurück in die Wohnung und ab in die Badewanne. Aber nicht ohne meine pinke Glitzerbadekugel, die nach Erdbeer und Champagner riecht und mich sooooo entspannt, wie es nur eine Badekugel für knapp € 10 kann!

Alles Liebe, eure Anna ♥

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